Morgendämmerung im Spessart
Musik und Tanz zur Tango-Livemusik von Caio Rodriguez y su Orquesta – Homenaje a Carlos Gardel.
Der Spessart hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort entwickelt, doch hängt an ihm bis heute vielerorts die Vorstellung einer armen Region. Tatsächlich durchlitt der Spessart bis ca. 1950 Krisenzeiten, die die Bevölkerung nicht vergessen hat. Traditionen wie Trachten und Volkstanz hatten dadurch kaum eine Möglichkeit der Ausformung. Doch weil das Gefühl der Heimat auch kulturellen Ausdruck finden will, entstanden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Trachten- und Tanzgruppen, die nicht nur heimische Bräuche pflegten, sondern auch auswärtige übernahmen und sich zu eigen machten.
In dieser Tradition der Verbindung von Heimischem und Fremdem steht auch der Tango Argentino, den der Verein ABailar! seit über zehn Jahren in und um Aschaffenburg erlebbar macht. Dafür haben sich Tango-Begeisterte aus Stadt, Land und der Region zusammengefunden. So wie die Polka aus Böhmen im frühen 20. Jahrhundert in den Spessart geholt wurde, haben sie in den 2010er-Jahren den argentinischen Tango in Aschaffenburg etabliert.
Auch die Geschichte des Tango Argentino selbst erzählt von Heimat, Fremde, Sehnsucht und Geborgenheit. Sie beginnt am anderen Ende der Welt. Angelockt von der Verheißung auf ein besseres Leben in der „Neuen Welt“ und einem groß angelegten Einwanderungsprogramm der argentinischen Regierung flohen Ende des 19. Jahrhunderts Millionen Europäerinnen und Europäer vor der wirtschaftlichen Not aus ihrer Heimat.
Entgegen aller Versprechungen und Hoffnungen war ihnen mehrheitlich jedoch kein Leben in Wohlstand beschieden. In den Armenvierteln von Buenos Aires und Montevideo trafen sie aufeinander und auf Menschen aus anderen Teilen der Welt, darunter der Sklaverei entflohene Afrikanerinnen und Afrikaner. Als all diese Menschen am Río de la Plata ankamen, hatten sie nicht nur ihre Sorgen, Nöten und Träume, sondern auch ihre Sitten und Gebräuche, ihre Musik und ihre Tänze im Gepäck. Sie alle verband das Gefühl der Entwurzelung, der Wunsch nach Geborgenheit und der Traum von einem besseren Leben. Gemeinsam schufen sie sich eine neue Heimat, mit neuen Liedern und Traditionen, in denen aber die Spuren der alten Heimat sichtbar blieben.
Die polnische Mazurka, die böhmische Polka, der deutsche Walzer, die afrokubanische Habanera – ihr Einfluss auf den Tango Argentino ist heute noch deutlich. Auch das für den Tango wohl typischste Instrument, das Bandoneon, stammt aus Deutschland.
In den Einwanderervierteln wurde der Tango schnell ein fester Bestandteil der Kultur. Um die Zeit des Ersten Weltkriegs gelang ihm dann der Sprung über den Atlantik. Und als man selbst im schicken Paris Tango tanzte, hielt er schließlich auch in den Salons der Oberschicht am Río de La Plata Einzug. Heute ist der Tango Argentino überall auf der Welt zuhause – von Buenos Aires bis Aschaffenburg. Getanzt wird dabei bis zur Morgendämmerung – el amanecer.
Das Programm in der Museumsnacht
- 18–18.45 Uhr: Tango-Schnupperworkshop für alle mit Georg Koch. Willkommen sind sowohl Paare als auch Solo-Tänzer
- 19–20.15 Uhr: Musik und offene Tanzfläche ca.
- 20.15–21.15 Uhr: Tango-Livemusik mit Caio Rodriguez y su Orquesta – Homenaje a Carlos Gardel
- ca. 21.15 Uhr: Chacarera für alle auf dem Theaterplatz ca.
- 21.30–22.15 Uhr: Musik und offene Tanzfläche ca.
- 22.15–23.15 Uhr: Tango-Livemusik mit Caio Rodriguez y su Orquesta – Homenaje a Carlos Gardel ca.
- 23.15– 0 Uhr: Musik und offene Tanzfläche
Veranstaltungsort rollstuhlgerecht: Ja
Eintritt: nur mit MN-Ticket